
Mir wurde schon immer gesagt, dass ich zu dünn bin. Sätze wie: „Iss mal mehr.“ bekomme ich zu hören, seit ich denken kann und im gleichen Atemzug wandern oft beunruhigte Blicke über meinen Körper.
Früher war ich die Bohnenstage, der Körperklaus oder das Gerippe. Viel zu oft schlang sich eine Hand um meinen Oberarm oder mein Handgelenk, um mir zu sagen, wie dünn ich doch sei. Beim Essen bekam ich immer eine Extraportion und wenn ich nicht aufaß, bekam ich kritische Blicke. Ich glaube bis heute, die Menschen denken manchmal ich verhungere heimlich.
Das Bodyshaming in diese, aber auch in die entgegengesetzte Richtung, passiert leider immer noch viel zu oft. Egal ob an der Straßenbahnhaltestelle oder auf dem Weg zur Uni, ständig scheinen die Blicke anderer Menschen über unseren Körper zu schweifen, um sich eine Meinung darüber zu bilden. Zu dünn oder zu dick, als wollten wir alle nur der Norm des Schönheitsideals unserer Zeit entsprechen.
BODYSHAMING PASSIERT LEIDER IMMER NOCH VIEL ZU OFT
Auch ich wollte diesem Schönheitsideal entsprechen, obwohl ich genau dieses wohl ziemlich genau verkörpere. Ich bin schon immer schlank und groß gewesen, habe trotz allem ein paar der weiblichen Rundungen und fühlte mich früher zu dick.
Im Sitzen sah ich die kleinen Röllchen, (welche vor allem durch meine schlechte Haltung im Rücken entstanden, was mir erst sehr viel später bewusst wurde), wodurch ich mich direkt unwohl fühlte. An meinen Beinen tummelt sich ein bisschen Zellulitis, für welche ich mich damals selbst verachtete. Ständig sprangen mir meine (nicht) vorhandenen Makel in die Augen, wodurch ich mich trotz der Kommentare von außen immer unwohler fühlte.
Dabei sind wir selbst die Person, die mit uns am kritischsten ist. Das wurde mir erst bewusst, nachdem ich etwas Abstand zu meinem eigenen verzerrten Körperbild bekommen konnte und bemerkte, in welcher Sinnlosigkeit ich mich über meinen eigenen Körper aufrege.
Oft werde ich nur nett angelächelt, wenn ich davon erzähle, dass Bodyshaming nicht in Ordnung ist. Schließlich werde ich von außen anscheinend als das Schönheitsideal dargestellt, was jeder von uns gern sein würde. Viele Menschen verstehen nicht, wie verletzend Kommentare über den eigenen Körper sein können, egal ob man jetzt als zu dünn oder zu dick betitelt wird.

Durch die ständige Auffassung, man müsste einem Ideal entsprechen und das gleichzeitige Abwerten anderer Körper, sei es nun durch Sprüche oder Blicke, entsteht eine extreme Unsicherheit. Stellt euch einmal vor, euch würden jeden Tag mindestens zwei Personen erzählen, dass ihr zu dünne Beine habt und ausschaut wie eine Bohnenstange – könntet ihr immer noch selbstbewusst über die Straße gehen?
Ich bin der Meinung, dass wir dieses ständige Urteilen einfach einmal sein lassen sollten. Stellt die Wage und den Spiegel einfach einmal für ein paar Tage beiseite und fühlt euren Körper. Beschwert euch nicht über zu dicke Beine, seid dankbar dafür, dass sie euch ans Ziel bringen. Ignoriert die zu kleinen Brüste und freut euch, dass ihr euch nicht mit Krankheiten wie zum Beispiel Brustkrebs herumschlagen müsst. Schaut über die kleinen Röllchen am Bauch hinweg und genießt eine Mahlzeit unter guten Freund*Innen.



Das, was wir hier mit unserem eigenen Körperbild machen, sind extreme Luxusprobleme der heutigen Zeit und Gesellschaft. Statt über andere Menschen zu urteilen, sollten wir unsere eigene Energie vielleicht lieber dafür aufbringen, uns selbst so anzunehmen, wie wir sind. Mit allen Makeln, aber auch mit allen Dingen die wir gern an uns mögen.
Beim Blick auf den eigenen und auch auf andere Körper, scheinen wir immer nur all´die schlechten Dinge vereint zu sehen. Wie wäre es stattdessen, diesen Blick einfach einmal umzudrehen und mehr auf die schönen Dinge zu achten? Warum machen wir keine Komplimente über die schönen Augen oder auch einmal über einen tollen Po? Warum tragen wir nicht etwas positive Energie nach außen und teilen sie mit einer Person, welche sich vielleicht gerade unwohl fühlt und durch unser Kompliment selbstbewusster wird?
Ich weiß, dass ich mit diesen letzten Absätzen ein absolutes Wunschdenken beschrieben habe, welches schon länger in meinem Kopf herumschwirrt. Aber wie wäre es denn tatsächlich, wenn wir uns und unsere Körper einfach einmal ein bisschen mehr lieb haben?
Eine kleine Anmerkung noch zum Ende: Das hier auf den Bildern ist mein Körper, in welchem ich mich wohl fühle und der auf keinen Fall als eine Art Schönheitsideal gelten sollte, nur weil ich ihm auf dieser Plattform teile. Ich weiß, in welche Winkel ich meine Körperteile rücken muss, damit ich schlanker wirke und habe dies bewusst getan, um die Wirkung meiner Worte zu bestärken. Also, bitte nicht nachmachen, wie man so schön sagt, habt euren eigenen Körper lieb.




